Diesen
Kommentar schrieb Autor Tobias Lentzler für die Bewerbung bei der
Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Er wurde in die Endrunde eingeladen, scheiterte dort jedoch. Das Thema des Kommentars lautete: "Journalisten müssen Haltung
zeigen, für grundsätzliche Werte einstehen, Orientierung bieten, gerade in der
heutigen Zeit. Das meinen die einen. Nein, sagen andere, wir brauchen keinen
"Nanny-Journalismus", der zu jedem Geschehen, über das er berichtet,
auch noch erklärt, was wir davon zu halten hätten. Und, was ist Ihr
persönlicher Standpunkt in der Haltungsfrage?" - Ich war der Meinung, dass eine
funktionierende Demokratie meinungsstarke Journalisten braucht.
Skandalversessen,
manipulativ und bestechlich – so nahm eine Mehrheit der Deutschen laut einer
Studie des Kommunikationswissenschaftlers Wolfgang Donsbach Journalisten wahr.
Das war 2009. Spätestens seit dem vergangenen Jahr stehen alle Journalisten
unter Generalverdacht, sie berichteten nicht wahrheitsgetreu, hielten gezielt
Informationen zurück oder diktierten Meinungen. Diese Überzeugung gipfelt in
dem diffamierenden Vorwurf „Lügenpresse“. – Die Berichterstattung der Medien
kritisch zu hinterfragen, ist vollkommen legitim. So wie die Presse die
Meinungsbildung erleichtern- und Machthaber kontrollieren soll, sollten Bürger
die mediale Berichterstattung hinterfragen dürfen. Doch jeden Zeitungsartikel,
jeden Fernsehbericht und jede Nachrichtenmeldung auf Facebook oder in anderen
sozialen Netzwerken infrage zu stellen und mit dem Vorwurf der
Voreingenommenheit zu überziehen, nur weil die ausgedrückte Haltung nicht in
das eigene Weltbild passt, ist fadenscheinig und brandgefährlich. Eine
funktionierende Demokratie ist auf Journalisten angewiesen. Der Deutsche
Journalistenverband (DJV) sieht die Aufgabe und Verantwortung der Medien in der
Achtung und dem Schutz der Menschenwürde eines jeden Einzelnen. Der deutsche
Pressekodex erweitert das Berufsverständnis eines Journalisten um die
Notwendigkeit, unbeeinflusst von persönlichen Interessen zu berichten. In
bewegten Zeiten ist es jedoch unabdingbar, dass Journalisten ihre eigene Meinung
in Kommentaren kundtun, um ihrer Aufgabe, die Menschenwürde eines jeden Bürgers
zu wahren, nachzukommen. Selbstverständlich müssen in Berichten
unterschiedliche und unangenehme Positionen zu Wort kommen. Jedoch dürfen
Fremdenfeindlichkeit, Hetze oder Sexismus nicht ohne Einordnung verbreitet
werden.