Die "Alternative für Deutschland" (AfD) hat am 13.März 2016 mit hohen Ergebnissen bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt (24,2 %), Baden-Württemberg (15,1 %) und Rheinland-Pfalz (12,6%) auf sich aufmerksam gemacht. Sie konnte von allen Parteien Stimmen abschöpfen und selbst Nichtwähler dazu gewinnen, die AfD zu wählen. Warum dieser Wahlerfolg eine Herausforderung für unsere Demokratie ist und wie wir dieser Partei ihren Nährboden entziehen können.
Zunächst einmal die positive Nachricht der drei Landtagswahl vom 13.März: Es treten wieder mehr Bürger an die Wahlurnen. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg beteiligten sich über 70 Prozent an der Wahl, in Sachsen-Anhalt immerhin 61,6 Prozent. Im Vergleich zu den letzten Landtagswahlen in diesen Bundesländern, ist das ein deutlicher Anstieg. Die schlechte Nachricht ist: Vor allem die AfD hat Nichtwähler dazu bewegen können, ihre Stimme abzugeben.
Nun lässt sich selbstverständlich fragen, warum uns diese Tatsache zu denken geben sollte. Grundsätzlich ist es doch positiv, wenn wieder mehr Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Ohne Zweifel bedarf es in einer lebendigen Demokratie einer hohen Wahlbeteiligung. Je mehr Leute wählen, desto deutlicher zeichnet sich ein Stimmungsbild in dem jeweiligen Land ab: Wovor ängstigen sich die Bürger, welche Themen bewegen sie persönlich, wie zufrieden sind sie mit der Arbeit der jeweiligen Landesregierung?
Es ist lässt sich nur ebenso gut fragen, warum so viele Menschen Vertrauen in eine Partei setzen, die mal mehr, mal weniger deutlich nationalistische Töne anschlägt und die - in vielen Jahrzehnten entwickelte Offenheit in Europa und der Welt - kritisiert. Die AfD inszeniert sich medial gerne als Partei, die endlich einmal die Wahrheit verkündet, Probleme benennt und mit hochgerollten Ärmeln anpackt. Sie stilisiert sich gar als Partei, welche die "Angst der Bürger" ernst nehme.
Sie betreibt eine Abgrenzungsstrategie gegenüber den arrivierten Parteien und den Massenmedien. Die AfD distanziert sich nicht oder niemals eindeutig von dem, in sozialen Netzwerken immer stärker geschürte Hass gegen die - von ihren Anhängern oft als "Lügenpresse" diskreditieren - Journalisten, sondern nutzt ihn, um angsterfüllten, unzufriedenen Bürgern eine neue Identifikationsfläche zu bieten. Dass die Bundesvorsitzende der AfD, Frauke Petry, dennoch gerne in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auftritt und von einer politischen Sendung zur anderen spaziert, ist eine der vielen Ungereimtheiten, die in der AfD in Kauf genommen werden.
Dass neue Parteien zunächst ein Becken für unterschiedliche Strömungen bilden, ist nicht neu. Einen ähnlichen Prozess durchliefen z.B. die Grünen oder die mittlerweile wieder in Vergessenheit geratenen Piraten. Im Unterschied zu den Grünen und den Piraten, ist bei der AfD in meinen Augen jedoch kein eigenes Idealbild vorhanden. Es gibt kein konkretes Ziel, welches die Partei anstrebt. Sie war zunächst eine Anti-Euro-Partei, nun ist sie vor allem eine Anti-Flüchtlings-Partei, die teils rassistische Ressentiments bedient und nationalistisch argumentiert.
Es scheint fast, als ginge es der AfD nur um eines: Macht. - Zu diesem Zwecke instrumentalisiert sie sämtliche Ängste unterschiedlichster Wählergruppen und -schichten, inszeniert sich als von allen im Bundestag vertretenen Parteien gemiedene und nur das Wohl der Menschen im Sinn führende Gruppe und nimmt verbale Entgleisungen von düstere Führungsfiguren wie Björn Höcke oder Beatrix von Storch in Kauf. Auch Verbindungen zu rechten bis rechtsextremen Parteien werden niemals deutlich abgestritten.
Problematisch erweist sich, dass Parteien wie die CDU, die Grünen und die SPD diese Inszenierung der AfD durch ihr Verhalten noch verstärken. Ablehnung der AfD und politisches Klein-Klein, stärken die Position der so genannten "Alternative".
Was für Konsequenzen müssen die Bürger sowie Politiker aus den Erfolgen der AfD bei den Landtagswahlen 2016 in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ziehen?
Es hat in den über 60 Jahren, die unsere Demokratie nun Bestand hat, schon mehrfach Parteien des rechten Randes gegeben, die für eine Weile die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zogen. Bei der AfD erscheint es jedoch geboten, ihr entschlossenes demokratisches Handeln entgegenzustellen. Sich als arrivierte Partei in persönlichen Auseinandersetzungen und Interessenkonflikten zu ergehen, ist mit Sicherheit nicht das Gebot der Stunde. Auch eine durchgehende Abschottung bzw. das Ignorieren der AfD, wird nicht das gewünschte Ergebnis erzielen.
Um einer Partei wie der AfD Herr zu werden, müssen wir alle - Politiker sowie Bürger - zeigen, dass wir unsere Demokratie nicht als gegeben ansehen. Jeder sollte beginnen, sich wieder politisch, vor allem aber gesellschaftlich zu engagieren. All diejenigen, die sich abgehängt fühlen, weil sich unsere Gesellschaft durch die Globalisierung und die Digitalisierung nachhaltig verändert, sollten ernst genommen werden. Wenn wir einander die Hand reichen und die vielen Vorteile aufzeigen können, die ein weltoffenes Deutschland bietet, wird einer Partei wie der AfD nach und nach ihr Nährboden entzogen: Angst.
Ein diffuses Gefühl der Überforderung, des "Sich-fremd-Fühlens", kann nur überwunden werden, indem wir zusammen Probleme erörtern und Herausforderungen anpacken. - Wenn wir die vielen als "Krisen" heraufbeschworenen Herausforderungen als Chance begreifen, können wir aus Deutschland ein offenes Land machen. Ein Land, welches Toleranz vorlebt und Weltoffenheit. Wenn wir uns dieser Herausforderung stellen, wird die AfD bald keinen Stich mehr machen.