03 April 2011

Lügen muss sich wieder lohnen! – Eine Rezension zum Bühnenprogramm "Die Weltgeschichte der Lüge".

Autor Tobias Lentzler rezensiert einen Abend mit Roger Willemsen und Dieter Hildebrandt, der ihm höchstmögliches Vergnügen bereitete.


Höflichkeit ist eine Lüge. Dieter Hildebrandt und Roger Willemsen umreißen schon ganz zu Beginn von Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Die Weltgeschichte der Lüge, worum es geht. Es ist ein Abend für- ein Abend mit der Lüge. Das eingespielte Duo weicht lustvoll vom Originaltext von Traudl Bünger und Roger Willemsen ab, dichtet hinzu oder interpretiert um. 
Seit der Premiere auf der "lit.COLOGNE" im Jahr 2007 treten Dieter Hildebrandt, Altmeister des deutschen Kabaretts, und der wortgewandte Willemsen auf den unterschiedlichsten deutschsprachigen Bühnen auf. Bis jetzt war wohl kein Auftritt derselbe. Gestern nahmen die beiden vor allem Guido Westerwelle und die für die Liberalen gescheiterten Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz unter die Lupe. Dieter Hildebrandt skandierte: "Lügen muss sich wieder lohnen." Damit spielte er natürlich auf einen Wahlkampfspruch der FDP von 2009 an. Er lautete: "Leistung muss sich wieder lohnen."
Mitunter selbstironisch, immer bissig, präsent und mit einer enormen Vielzahl von Zitaten, Namen und Pointen wurde diese Weltgeschichte der Lüge niemals langweilig und unterhielt das Publikum über die Maßen. 
In ihrem Eifer und ihrer Spiellaune lieferten Willemsen und Hildebrandt sich ein Ping-Pong mit Worten – mitunter war es für den ein oder anderen Zuschauer, der das Werk nicht gelesen hatte, schwer zu folgen oder besser: die Ganzheit des Vortrages zu erkennen.
Doch wer die beiden grinsen sah, der ahnte ohnehin: Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit sieht anders aus.
Die Weltgeschichte der Lüge ist ein lustvoll dargebotenes, äußerst komisches Werk. Der pointierte Wortwitz und die Bildungsvielfalt des Dialoges überzeugen und regen zur Selbstreflektion mit persönlichem Lügendetektor an. Und wenn er nach allen Seiten ausschlägt?
"Am Ende", sagt Willemsen an einer Stelle, "läuft dies auf die Lüge hinaus, welche schon der Dreijährige beherrscht: Ich war's nicht!". – Aus diesem Satz sprechen wir, sprechen die Politiker. Es spricht das Allzumenschliche daraus. Wir alle wollen etwas nicht gewesen sein und waren oder sind es doch. Gut so! Denn ohne die Lüge hätte dieser Abend mit Dieter Hildebrandt und Roger Willemsen nicht stattgefunden. Es wäre schade darum gewesen.