11 Mai 2016

Kommentar: Bewahrer der Menschenwürde.


Diesen Kommentar schrieb Autor Tobias Lentzler für die Bewerbung bei der Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Er wurde in die Endrunde eingeladen, scheiterte dort jedoch. Das Thema des Kommentars lautete: "Journalisten müssen Haltung zeigen, für grundsätzliche Werte einstehen, Orientierung bieten, gerade in der heutigen Zeit. Das meinen die einen. Nein, sagen andere, wir brauchen keinen "Nanny-Journalismus", der zu jedem Geschehen, über das er berichtet, auch noch erklärt, was wir davon zu halten hätten. Und, was ist Ihr persönlicher Standpunkt in der Haltungsfrage?" - Ich war der Meinung, dass eine  funktionierende Demokratie meinungsstarke Journalisten braucht. 

  
Skandalversessen, manipulativ und bestechlich – so nahm eine Mehrheit der Deutschen laut einer Studie des Kommunikationswissenschaftlers Wolfgang Donsbach Journalisten wahr. Das war 2009. Spätestens seit dem vergangenen Jahr stehen alle Journalisten unter Generalverdacht, sie berichteten nicht wahrheitsgetreu, hielten gezielt Informationen zurück oder diktierten Meinungen. Diese Überzeugung gipfelt in dem diffamierenden Vorwurf „Lügenpresse“. – Die Berichterstattung der Medien kritisch zu hinterfragen, ist vollkommen legitim. So wie die Presse die Meinungsbildung erleichtern- und Machthaber kontrollieren soll, sollten Bürger die mediale Berichterstattung hinterfragen dürfen. Doch jeden Zeitungsartikel, jeden Fernsehbericht und jede Nachrichtenmeldung auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken infrage zu stellen und mit dem Vorwurf der Voreingenommenheit zu überziehen, nur weil die ausgedrückte Haltung nicht in das eigene Weltbild passt, ist fadenscheinig und brandgefährlich. Eine funktionierende Demokratie ist auf Journalisten angewiesen. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) sieht die Aufgabe und Verantwortung der Medien in der Achtung und dem Schutz der Menschenwürde eines jeden Einzelnen. Der deutsche Pressekodex erweitert das Berufsverständnis eines Journalisten um die Notwendigkeit, unbeeinflusst von persönlichen Interessen zu berichten. In bewegten Zeiten ist es jedoch unabdingbar, dass Journalisten ihre eigene Meinung in Kommentaren kundtun, um ihrer Aufgabe, die Menschenwürde eines jeden Bürgers zu wahren, nachzukommen. Selbstverständlich müssen in Berichten unterschiedliche und unangenehme Positionen zu Wort kommen. Jedoch dürfen Fremdenfeindlichkeit, Hetze oder Sexismus nicht ohne Einordnung verbreitet werden.